Sondersammlungen
Die Bibliothekstradition des Josephinums begann zeitgleich mit der Eröffnung des Hauses durch Joseph II. (1741-1790) 1786. Seither wurden die Bestände durch eigene Anstrengungen, aber auch durch viele großzügige Schenkungen privater Förderer und bedeutender Institutionen, ständig erweitert und ergänzt, weshalb sich heute zahlreiche Sondersammlungen innerhalb der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin befinden.
Bibliothek der Gesellschaft der Ärzte in Wien
Die 1837 gegründete Gesellschaft der Ärzte in Wien unterhielt bereits ab 1840 eine eigene Bibliothek, deren Erwerbungen vor allem durch Schenkungen und Spenden organisiert wurde. Die Bibliothek der Gesellschaft der Ärzte umfasste 1888 bereits mehr als 11.000 Werke. In diesem Jahr wurden auch die bisherigen Publikationsorgane der Gesellschaft durch die „Wiener klinische Wochenschrift“ abgelöst, die nunmehr von der Gesellschaft und der Medizinischen Fakultät der Universität Wien gemeinsam herausgegeben wurde, womit sich auch die enge Verbindung zwischen der Gesellschaft und der Fakultät manifestierte. Die Bibliothek der Gesellschaft der Ärzte in Wien ist die größte private medizinische Bibliothek Österreichs, deren Bestände einen unschätzbaren Wert darstellen. Bedeutende Teile der Bibliothek der Gesellschaft der Ärzte in Wien wurden in zwei Dauerleihgaben – 1976 bzw. 2003 – an die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin transferiert. Der Großteil der Werke konzentriert sich zwar auf das 19. und frühe 20. Jahrhundert, trotzdem befinden sich bemerkenswerte Bestände aus dem 17., vor allem aber aus dem 18. Jahrhundert darunter. Ebenfalls Teil dieser Sondersammlung sind 51.000 Separata aus medizinischen Fachzeitschriften und Sammelwerken, die zwischen 1860 und 1935 publiziert wurden. Diese stellen eine einzigartige Sammlung medizinhistorischer Spezialliteratur dar.
Heinrich Obersteiner Bibliothek
1882 wurde auf Betreiben von Heinrich Obersteiner (1847-1922) das „Institut für Anatomie und Physiologie des zentralen Nervensystems“ gegründet, das 1900 in Neurologisches Institut umbenannt wurde. Dieses Institut galt weltweit als erste wissenschaftliche Einrichtung für Hirnforschung und wirkte vorbildgebend auf zahlreiche sich später im Ausland etablierende vergleichbare Forschungsstätten. Die wissenschaftlichen Forschungsschwerpunkte dieses Instituts lagen auf der morphologischen Hirnforschung und der normalen, vergleichenden und pathologischen Anatomie sowie der Physiologie des Nervensystems. Nachdem er im Jahre 1919 emeritierte, folgte ihm sein Schüler und Assistent Otto Marburg (1874–1948) als Leiter des Institutes nach, das dieser bis zu seiner Flucht vor dem Nationalsozialismus in die USA im Jahre 1938 führte. Seit 1892 erfolgte von Obersteiner die Herausgabe der Publikationsreihe „Arbeiten aus dem Neurologischen Institute an der Universität Wien“ welche die meisten und bedeutendsten Forschungen des neurologischen Institutes enthalten. Obersteiner war Zeit seines Lebens Sammler einschlägiger neurologischer und psychiatrischer Bücher. 1919 umfasste diese einzigartige und international bekannte Spezialbibliothek, die Obersteiner bereits 1905 in Form einer Stiftung dem Neurologischen Institut übergeben hatte, an die 40.000 Bände.
Zusätzlich enthält der Bestand noch mehrere Tausend Separata über Heilbäder aus ganz Europa aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert.
Die Heinrich Obersteiner Bibliothek wurden erst im Sommer 2013 ins Josephinum transferiert und wird ab 2014 für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
Max und Margareta Wolf Bibliothek für Dermatologie
Der am 1. Juni 1892 in Wiener Neustadt geborene Max Wolf arbeitete nach dem Studium der Medizin als Dermatologe in seiner Privatpraxis in Wien. 1927 heiratete er Margareta Langer (1902–2002). Nach dem „Anschluss“ im März 1938 flohen Max und Margareta Wolf auf Grund der Verfolgung durch die Nationalsozialisten aus Wien über Jugoslawien in die USA. 1940 bekam Max Wolf eine Ärztezulassung und eröffnete in New York eine Privatpraxis für Haut- und Geschlechtskrankheiten. Max Wolf starb am 25. August 1990 in New York. Er vermachte seine wertvolle Bibliothek dem damaligen „Institut für Geschichte der Medizin“. Durch die Bemühungen seiner Witwe Margareta Wolf und durch Vermittlung des damaligen Institutsvorstands Karl Holubar (1936-2013) wurde Wolfs Bibliothek 1995 an das Josephinum nach Wien transferiert, wo sie als Sondersammlung aufgestellt worden ist. Die Max und Margareta Wolf Bibliothek für Dermatologie umfasst insgesamt etwa 1.400 dermato-historische Werke bzw. 2.000 Bände. Der Großteil des Bestandes entfällt auf Werke des 19. und 20. Jahrhunderts, er enthält aber auch wertvolle Rara (7 Signaturen aus dem 16. Jahrhundert, 31 Signaturen aus dem 17. Jahrhundert, 116 Titel aus dem 18. Jahrhundert). Dieser Sonderbestand ist formal und inhaltlich erschlossen und im Online-Katalog der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien erfasst.
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Nitze-Leiter-Museum für Endoskopie – Reuter Bibliothek
1996 wurde ein Endoskopie-Museum im Josephinum eröffnet. Dieses geht auf eine Dauerleihgabe des Stuttgarter Urologen Prof. Hans-J. Reuter (1923–2003) zurück. Heute betreibt die „Internationale Nitze-Leiter-Forschungsgesellschaft für Endoskopie“, benannt nach den beiden Pionieren der Endoskopie Maximilian Nitze (1848–1906) und Joseph Leiter (1830–1892), die Erhaltung und den Ausbau dieser Sondersammlung. Angeschlossen an diese Spezialsammlung ist auch eine Bibliothek – die „Reuter-Bibliothek“. Sie umfasst 1.241 Signaturen, die im Online-Katalog der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien nachgewiesen und recherchierbar sind.
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Separata-Sammlung Dr. Heinrich Gross
Seit 2010 ist auch die Separata-Sammlung von Heinrich Gross (1915–2005), die bis dahin im Altbestand der Psychiatrischen Ärztebibliothek im Sozialmedizinischen Zentrum Baumgartnerhöhe Otto-Wagner-Spital untergebracht war, in der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin im Josephinum. Gross war von Anfang 1940 bis 1943, unterbrochen durch Wehrmachtseinsatz, Anstaltsarzt in der Pflegeanstalt Ybbs und ab November 1940 an der Wiener Jugendfürsorgeanstalt (später: Heilpädagogische Klinik, noch später Nervenklinik für Kinder) „am Spiegelgrund“ auf dem Gelände der Anstalt „am Steinhof“. Gross war hier ab 1944 an der Ermordung von Kindern beteiligt. Nach dem Krieg arbeitete Gross ab 1955 als Primarius „am Spiegelgrund“ (heute „Baumgartner Höhe“). Gross setzte seine Forschungen an den teilweise aus der NS-Zeit stammenden Kinderhirnen in der Zweiten Republik fort und fungierte bis 1998 als Gerichtsgutachter. Die 6.699 Separata zählende Sammlung wurde von Heinrich Gross während seiner beruflichen Laufbahn angelegt. Der Bestand wurde in der Bibliothek als eigener Korpus erhalten und aufgestellt; wurde aber noch nicht wissenschaftlich aufgearbeitet. Erschlossen sind die Separata durch einen Nominal- und einen Schlagwortkatalog; zusätzlich sind auch noch die ersten acht handschriftlichen Inventare der Sammlung in der Bibliothek erhalten, die etwa die Hälfte des Bestandes abdecken.
Josephinum Währinger Straße 25
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