"Freiheit, Gleichheit und Fortschritt!"
Carl Freiherr von Rokitanskys Synthese von Liberalismus und Naturforschung
mit einer Vorlesung von
Ursula ROKITANSKY & Felicitas SEEBACHER
Im Anschluss erhielten Ilse REITER-ZATLOUKAL & Barbara SAUER für das Projekt Frau Dr. Med. Jahrgang 1900, durch Eliette THURN, Wolfgang AULITZKY & Rektor Markus MÜLLER den Förderpreis des Vereins der Förderer des Josephinums, gestiftet von der American Austrian Foundation.
Die Begutachtung der eingereichten Arbeit übernahm eine vom Vorstand des Fördervereins bestellte Jury. Gernot HEISS, Michael HUBENSTORF & Oliver RATHKOLB beruteilten die Arbeit als hervorragend & preiswürdig.
Abstract der Max Neuburger Lecture
"Freiheit, Gleichheit und Fortschritt!"
Carl Freiherr von Rokitanskys Synthese von Liberalismus und Naturforschung
Im Vormärz wurden Medizinische Fakultäten der Habsburgermonarchie von der Regierung kontrolliert und dadurch im Fortschritt gehemmt. Es war der Einfluss von Ärzten aus den Kronländern, welche das Verständnis von Medizin trotz Widerständen grundlegend veränderte. Diese Mediziner, geprägt von den Idealen des Liberalismus, lehnten die naturphilosophisch orientierte Medizin als Symbol der alten Ordnung ab und setzten sich für die Verwissenschaftlichung der Medizin ein. Carl Rokitansky, Professor für Pathologische Anatomie, begründete mit Kollegen wie Joseph Škoda und Ferdinand Hebra die moderne, naturwissenschaftlich orientierte Medizin. Er schuf eine bis heute gültige Erfassung und Systematisierung aller morphologischen Krankheiten. Seine Entwicklung der klinisch-pathologischen Korrelation ermöglichte Krankheitsverläufe zu beschreiben und Diagnosen zu erstellen.
Mit der Berufung des Physiologen Ernst Wilhelm Brücke 1849 bestimmte der moderne Realismus die wissenschaftliche Methodik der „Wiener Medizin“. Diskurse um konträre wissenschaftliche Haltungen demonstrierten das Ringen um diesen Fortschritt in der Medizin. Bei der Eröffnung des neuen Pathologisch-Anatomischen Instituts 1862 forderte Rokitansky die „Freiheit der Naturforschung“ und setzte in verschiedenen universitäts- und standespolitischen Führungspositionen medizinische sowie politische Reformen durch. „Wiener Medizin“ wurde international zum Modell für die Gründung neuer Medizinischer Fakultäten und Medical Schools.
In diesem Vortrag werden die wissenschaftlichen und politischen Veränderungen an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien vom Vormärz bis zum Ende der liberalen Ära durch zeitgenössische Literatur und Quellen aus dem Familienarchiv Rokitansky illustrativ dargestellt.
Ursula Rokitansky & Felicitas Seebacher
CV der Vortragenden
Ursula Rokitansky-Tilscher, geboren 1967 in Wien, verheiratet, 2 Töchter. 1985 Medizinstudium an der Universität Wien, 1991 Promotion zum Dr. med. univ. Ab 1992 wissenschaftliche Tätigkeit an der Universitätsklinik für Zahn-Mund und Kieferheilkunde in Wien mit entsprechenden wissenschaftlichen Publikationen. Von 1992 bis 1994 Ausbildung zur Fachärztin für Zahn-Mund- und Kieferheilkunde. Seit 1994 kontinuierliche Tätigkeit als Zahnärztin im niedergelassenen Bereich. Ab 2009 Aufbau und Leitung des Familienarchivs der Familie Rokitansky, seit 2015 Mitglied der Arbeitsgruppe Geschichte der Medizin der Kommission für Geschichte und Philosophie der Wissenschaften an der ÖAW.
Felicitas Seebacher, Historikerin, Mitarbeiterin in Projekten zur Wissenschaftsgeschichte an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Referentin bei internationalen Kongressen der European Society for the History of Science (2012 bis 2016 Mitglied im Scientific Board) und der International Union for History and Philosophy of Science/Division of History of Science and Technology (2005 bis 2013 Vizepräsidentin der Commission Women in Science), leitet gemeinsam mit Helmut Denk die Arbeitsgruppe Geschichte der Medizin der Kommission für Geschichte und Philosophie der Wissenschaften an der ÖAW.
Forschungsschwerpunkte: Geschichte der Medizin unter besonderer Berücksichtigung der Geschichte der „Wiener Medizin“, Geschichte der akademischen Institutionen im 19. und 20. Jahrhundert im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik, Gender Studies.
In Kooperation mit der Arbeitsgruppe Geschichte der Medizin, Kommission für Geschichte und Philosophie der Wissenschaften an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
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