„Das kolonialisierte Gehirn – Zum Verständnis psychischer Krankheit im historischen Wandel“
„Das kolonialisierte Gehirn – Zum Verständnis psychischer Krankheit im historischen Wandel“
Max Neuburger Lecture*
02.06.2025 um 18:00 UHR
JOSEPHINUM
WÄHRINGER STRASSE 25
1090 WIEN
Über die Veranstaltung
Gibt es Zusammenhänge zwischen Vorstellungen über das Gehirn und den Kolonialismus? Konzepte psychischer Krankheit und Gesundheit stehen immer im jeweiligen historischen Kontext. Für das Verständnis psychischer Erkrankungen bedeutet dies, dass die um 1900 entwickelten Theorien auch koloniale, geschlechts- und altersbezogene Hierarchien auf das Gehirn und seine Funktionen projizierten. Psychische Erkrankungen wurden dementsprechend als evolutionärer Abbau, Degeneration oder Regression auf eine vermeintlich primitive Stufe verstanden, die angeblich bei den Bewohnern der Kolonien, aber auch bei Kindern und in manchen Theorien auch bei Frauen beobachtbar seien. Gegen diese Abwertung vermeintlich primitiver Verhaltensweisen erhebt sich eine Reihe kritischer Einwände, die von der Romantisierung bis zum strukturellen Vergleich unterschiedlicher Lebensweisen reichen, und die selbst wieder von den sozialen Bewegungen ihrer Zeit beeinflusst sind. Auseinandersetzungen um hierarchische Modelle psychischer Funktionsfähigkeiten und ihrer Verortung im Gehirn prägen bis heute das Verständnis psychischer Erkrankungen.
*Die Max Neuburger Lectures sind eine Vortragsreihe des Institutes für Ethik, Sammlungen und Geschichte der Medizin der Medizinischen Universität Wien und des Josephinums. Sie sind dem Neurologen, Medizinhistoriker und Gründer des Wiener Institutes für Medizingeschichte, Max Neuburger, gewidmet.
Andreas Heinz
Andreas Heinz ist Senior Professor an der Universität Tübingen. Er studierte Medizin, Anthropologie und Philosophie an der Ruhr-Universität Bochum, Freien Universität Berlin und der Howard University, Washington, D.C. 2002 bis 2025 war er Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité Campus Mitte. 2018 bis 2022 war er Sprecher des Sonderforschungsbereiches TR 265 sowie 2023 bis 2025 des Deutschen Zentrums für psychische Gesundheit. Seine Forschungsschwerpunkte sind Lernmechanismen bei Psychosen und Suchterkrankungen sowie Fragen der interkulturellen Psychiatrie und Psychotherapie.
Bildbeschriftung: Martin von Ostrowski: Afrikanische Maske und Porzellanfigur, 2017, Öl auf Leinwand, 80x60 cm
Wir bitten um Ihre Anmeldung unter: einladungen@josephinum.ac.at